Im Jahr 1953 entschloss sich Prof. Otto Laur, die Deutsche Demokratische Republik zu verlassen und in den Westen Deutschlands, nach Berlin, überzusiedeln. Die Absetzung ging absolut geheim vonstatten. Am Ziel angekommen, richtete sich Prof. Laur in einem Schreiben an die Medizinische Fakultät der Universität Rostock:
Nachdem die Entscheidung, die ich noch abwarten musste, gefallen ist, möchte ich zuallererst Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, die Mitteilung machen, daß ich aus zwingenden persönlichen Gründen u. keineswegs leichten Herzens mich nach Westdeutschland abgesetzt habe.
Es ist mir besonders unangenehm, daß mein Ausscheiden aus der Klinik, das mir recht schwer fällt, heimlich erfolgen musste u. ohne Einhaltung der korrekten Form.
Ich bitte Sie daher, dieses mich bedrückende Verhalten im Hinblick auf die Verhältnisse verstehen zu wollen.
Dann möchte ich Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, aufrichtig danken für die langen Jahre für mich fruchtbringender Arbeit an Ihrer Klinik, die mir auch weiterhin wegweisend sein werden.
Gleichzeitig habe ich die Bitte, allen Mitarbeitern – besonders den ältesten –, von denen ich mich ja leider ebensowenig verabschieden konnte, meine Abschiedsgrüße übermitteln zu wollen.[1]
Wer war dieser Mann, der sich beträchtlicher Beliebtheit erfreute und nach nicht mal einem Jahr seiner außerordentlichen Professur die Universität Rostock wieder verließ?
Georg Otto Laur ist am 3. April 1905 in Pfullendorf in Baden als Sohn des Spitalverwalters Joseph Laur geboren worden. Die Volks- und Bürgerschule besuchte Laur bis 1918 in seinem Geburtsort. Anschließend ging er an das Humanistische Gymnasium in Sigmaringen in Hohenzollern, an dem er auch im Jahr 1924 seine Reifeprüfung absolvierte. Nahtlos nahm Laur das Studium der Medizin auf. Er studierte bis 1929 in Tübingen, Freiburg i. Br., Köln, Wien und in Rostock. Im gleichen Jahr promovierte Laur zum Doktor der Medizin. Der Titel seiner Dissertation lautete: "Über den negativen Ausfall der Wassermannschen Reaktion im Liquor cerebrospinalis bei Tabes dorsalis." An die Promotion schloss sich ein Medizinisches Praktisches Jahr in Bremen an der inneren Abteilung der Städtischen Krankenanstalten. Bis 1932 hielt sich Dr. Laur in Davos (Schweiz) auf, wo als Assistenzarzt im Waldsanatorium arbeitete. Wieder zurück in Deutschland heiratete er am 23. März 1932 Lotte Huckstorf.
Dr. Laur übte mehrere Jahre eine Stellung als praktischer Arzt aus. Währenddessen befand er sich in den Jahren 1937 und 1938 als Unterarzt der Reserve in den Luftwaffen-Lazaretten Gotha sowie Halle. 1939 wurde er als planmäßiger wissenschaftlicher Assistent an der Medizinischen Universitätsklinik Rostock bei Prof. Curschmann sowie Prof. Schilling eingestellt. Kurz darauf musste die klinische Beschäftigung Dr. Laurs wegen des Zweiten Weltkriegs pausieren. Zunächst verließ er Deutschland erneut und war als Stabsarzt der Reserve im Luftwaffen-Lazarett Stavanger in Norwegen tätig. Auch während der militärischen Aktivität wendete sich Dr. Laur weiterhin seiner Bildung in Innerer Medizin, vor allem der Tuberkulose, zu. 1944 wurde er vorzeitig aus der Wehrmacht entlassen, um die Leitung der Tuberkulose-Station an der Heil- und Pflegeanstalt Domjüch in Neustrelitz-Strelitz zu übernehmen. Dort nahm er den Ausbau und die Umgestaltung für die Tuberkulose vor. Dr. Laur wurde aufgrund seiner speziellen Kenntnisse und der Beherrschung der kleinen Chirurgie der Tuberkulose für diese Position angeworben.
Nach dem Krieg konnte Dr. Laur seine Position als wissenschaftlicher Assistent (Stationsarzt) an der Medizinischen Universitätsklinik Rostock erneut antreten. In Vertretung übernahm er in den Jahren 1947/48 die Leitung der Medizinischen Poliklinik. 1948 stieg er zum Oberarzt auf. Im gleichen Jahr habilitierte er an der Universität Rostock mit seiner Schrift "Causalfaktoren der heutigen Tuberculoseausbreitung und -verlaufsformenänderung und die Möglichkeit ihrer klinischen Objektivierung" und wurde er zum Dozenten ernannt.
Neben hervorragenden allgemeinen medizinischen Fähigkeiten besaß Prof. Laur ein ausgezeichnetes Lehrtalent. Er las unter anderem das Pflichtkolleg für Tuberkulose, Medizinische Propädeutik sowie Pathologische Physiologie. Seinem besonderen Interesse galt das Gebiet der Tuberkulose und der chirurgischen Tuberkulosebehandlung (Strangdurchtrennung, Rippenresektion, Empyembehandlung). Durch einen Fundus an wissenschaftlichen Arbeiten erlangte Prof. Laur auch außerhalb der Universitätsklinik Rostock, im Rest der DDR und im Westen Deutschlands, Bekanntheitsgrad. So wurde er oftmals als Konsiliarius an diverse Kliniken gerufen, um in problematischen Angelegenheiten zu beraten. Aktiv und regsam nahm Prof. Laur an den Sitzungen der wissenschaftlichen Gesellschaften sowie auswärtigen Kongressen, vor allem an Tuberkulosekongressen, teil.
1952 wurde Prof. Laur als außerordentlicher Professor für Innere Medizin der Universität Rostock eingesetzt. Nicht einmal ein Jahr später gab er seine Position, wie bereits zu Beginn der Biographie erläutert wurde, freiwillig auf. Leider verlassen uns hier auch die Informationen über Prof. Laur und sein weiteres Leben in Westdeutschland.
Nina Happ, Studentenbeitrag aus dem Jahr 2010.